Dienstag, 23. Mai 2017

ein Berner auf Welschlandtour

Es ist immer wieder erstaunlich für den Blumenwanderer, dass man sich nach gut einstündiger Fahrt auf der Autobahn fast wie in einem anderen, südlichen Lande wähnt. So geschehen, als er kürzlich in die Gegend von Orbe, Vallorbe und Les Clées fuhr und dort Erstaunliches antraf.



ein Schild in Orbe weist
darauf hin, dass die alten Mauern viel zur
abwechslungsreichen Stadtflora beitragen!

so gedeiht hier zum Beispiel das in der Schweiz nur an ganz wenigen
Stellen anzutreffende Niederliegende Löwenmaul (Asarina procumbens)












es wurde hier allerdings im 19. Jahrhundert angesiedelt und
stammt aus dem Gebiet der Pyrenäen.

Der Kirchturm entstand durch Umbau und Vergrösserung eines ehemaligen Turms in der Ringmauer der Stadt.
Er diente in der Folgezeit gleichzeitig als Glockenturm und Wehrturm und wurde deshalb mit den für waadtländische Kirchen typischen vier erkerartigen Wachtürmchen an dem Hauptturm ausgestattet




eine weitere Art an der Stadtmauer von Orbe fristet hier
ihr Mauerblümchen-Dasein: ....

es ist das aus dem Mittelmeergebiet
 stammende Blaukissen (Aubrieta deltoidea)

von besagtem Schild lernt man auch, dass
diese Pflanze auf  Französisch "Ruine de Rome"
genannt wird (Cymbalaria muralis)



der Gelbe Lerchensporn (Corydalis lutea). Auch wenn sie nicht
einheimisch sind, verdienen doch all diese Arten unseren Respekt,
verleihen sie doch dem strengen Gemäuer mehr Freundlichkeit!





eine weitere Südländerin darf nicht fehlen:
die Rote Spornblume (Centranthus ruber)




ein Platz in Orbe mit südländischem Flair,
für einmal ohne umherstehende Autos




Weisser Mauerpfeffer (Sedum album)

was da nicht alles an einer Stadtmauer wächst:
der Pyrenäen-Pippau (Crepis pyrenaica) und......

die Dalmatiner Glockenblume (Campanula portenschlagiana)

in Vallorbe angelangt, treffe ich zu meinem Erstaunen zwischen
den Geleisen auf ein schönes Vorkommen
des Helm-Knabenkrauts (Orchis militaris)
schweizweit praktisch nur hier kann man das mediterrane
Niederliegende Leinkraut (Linaria supina) im Geleiseschotter bewundern....


aber auch den in der Westschweiz häufigen.....

Ohnsporn (Aceras anthropophorum) mit seiner
männchenartigen Lippe, weshalb man ihn hier
l'homme-pendu nennt.




an einer Hofmauer fand ich die unscheinbare
Kleine Brennessel (Urtica urens), die viel seltener ist
als ihre zweihäusige Verwandte und sogar auf der Roten Liste steht




was wächst denn hier unter einem
Weidezaun hervor?

es ist eine weitere Rote-Liste-Art:
die Osterluzei (Aristolochia clematitis),
auch sie wohl ursprünglich eine Südländerin


ihre Blüten sind Kesselfallen, worin
sie herabgeglittene Insekten zwecks
Bestäubung gefangen hält.
weiter geht die Reise nach Les Clées,
wo einen gleich wieder der Ohnsporn begrüsst



diesmal keine Orchideen, sondern der ebenso schöne
Labkraut-Würger (Orobanche caryophyllacea)




das Acker-Hornkraut (Cerastium arvense s.str.)

Grünliches Breitkölbchen (Platanthera chlorantha) 



die Hummel-Ragwurz
(Ophrys holoserica s.str.)...


ist auch in Les Clées sehr selten.

die Brandorchis (Orchis ustulata)
fruchtet bereits


Saat-Esparsette (Onobrychis viciifolia)





auch die Kleine Spinnen-Ragwurz
(Ophrys araneola) ist selten und .....

schon fast abgeblüht.

Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera)


der Ohnsporn wächst bei Les Clées
massenhaft an den Strassenrändern







im schattigen Innenhof
des romantischen Schlossbereichs von Les Clées....

findet man steinerne Kanonenkugeln, die an
weniger romantische Zeiten erinnern, als
hier die Grafen von Savoyen das Sagen hatten



der in der Schweiz nur hier und in einigen botanischen Gärten
 anzutreffende Pyrenäen-Felsenteller (Ramonda myconi) 
hält heutzutage hier die Wacht!







auch diese Pflanze wurde mit Sicherheit irgendwann in der
Vergangenheit hier angesiedelt, 
passt aber
sehr gut ins Ambiente

im Hintergrund der Schlossturm,
das Wahrzeichen von Les Clées



der in den Pyrenäen endemisch vorkommende Felsenteller
gehört zu den Gesneriaceen, also zur selben Familie wie auch
unser Usambaraveilchen. In Europa kommen nur sechs
Gesnerien-Arten vor, die als Tertiärrelikte betrachtet werden.

Les Clées wäre nicht Les Clées, wenn nicht
auch hier der Ohnsporn einen Posten hätte!

das Château fort von Les Clées, von dem nur noch der stattliche Donjon
erhalten geblieben ist, ist eigentlich in Privatbesitz. Durch dieses Tor
darf man jedoch den Innenhof für einen Spaziergang betreten.
"Promenade autorisée. Défense formelle de cueillir des fleurs"
verkündet ein Schild.

die modernere der beiden Brücken, die bei Les Clées die Orbe-Schlucht queren.
Schon zur Römerzeit führte hier eine Strasse vorbei, und vermutlich befand sich hier ein römisches Lager,
das den Namen "Castrum ad Claves" trug. Der Name bezeichnet einen Ort an einer schmalen Wegpassage.
Ob vielleicht schon die Römer ihre Pflanzen aus dem Süden mitgebracht haben?

an der Schlüsselstelle auch gefunden: ....

die Kriechende Gämswurz (Doronicum pardalianches)
mit den typischen herzförmigen Grundblättern





die Kartäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum)




wie artenreich die Wiesen hier noch sind!

die Gemeine Akelei (Aquilegia vulgaris)




einen so stattlichen Hollerbusch, pardon: -baum sah ich noch nie!
Er ist fast 10 Meter hoch.

Wie wird das erst duften, wenn er bald schon 
übersät ist von Blüten!









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