Mittwoch, 18. April 2018

die Ravellen und ihr Kleinod


Der Blumenwanderer will es sich nicht versagen, gleich am Anfang die höchst anziehende Schilderung wiederzugeben, die der grosse Hermann Christ in der kleinen Schrift "Langenbruck in botanischer Beziehung" (1874, S. 13-14) den Ravellen gewidmet hat:

"Wer aber die Felsenflor unseres Jura in ihrem Glanze bewundern will, der suche jenes kühne Felsenblatt auf, das, am Fusse der Roggenfluh, in schauerlicher Steilheit den äussersten Riegel der Klus ob Oensingen bildet, und das, ein Rest romanischer Sprache in diesen Landen, die Ravellen heisst. Es ist jene prächtige Fluh, an deren östlichen Ende das so schön restaurierte Schloss Bechburg thront. Hier, in den Spalten der Ravellen, entfaltet sich eine Vegetation, wie wir sie wahrlich in so bescheidener Höhe und in so isolierter Lage nicht gesucht hätten."

Gerade der Frühlingsaspekt hat im Jura seinen besonderen Reiz. Erst recht, wenn man auch einige spannende Felsstandorte zu dieser Jahreszeit aufsucht. Schon unten im Buchenwald, der jetzt sein zartes Grün trägt, treten uns diverse Frühblüher sehr auffallend entgegen. Oben am lichten Grat kommen immer neue Arten dazu, und prachtvoll blühen verschiedene Blumen in den Felsen. Hier gedeiht auch ein floristisches Juwel, der Felsen-Bauernsenf, der im Volksmund Ravellenblüemli genannt wird.


die im Wald jetzt blühende
Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus) ......


ist eine zweifarbige Blume!

überall in den Hecken liegt jetzt der "Schnee"
der Schlehe (Prunus spinosa)

auf der anderen Seite Schloss Neu Bechburg thront.



auf der einen Seite ragt die natürliche "Burg"
der Lehnfluh stolz empor, während ... 


ist jetzt überall zu sehen:
die Knoblauchrauke (Alliaria petiolata)

unscheinbarer ist hingegen die noch in den Knospen stehende
Aehrige Teufelskralle (Phyteuma spicatum)

herrlich blüht die Mandelblättrige Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides)

eine weitere Wolfsmilchart ist
die Süsse Wolfsmilch (Euphorbia dulcis) mit ihren roten Nektardrüsen

wie schön jetzt die jungen Blätter sind!
Spitz-Ahorn (Acer platanoides)


Wolliger Schneeball (Viburnum lantana)





das Dunkelgrüne Lungenkraut (Pulmonaria obscura)

die Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum)


die Buchen tragen bereits ihr neues Laub -
und der Waldkauz kann in seinen Kasten einziehen!

ein Bärlauchteppich (Allium ursinum) bedeckt den Waldboden

im Aufstieg zur Bechburg trifft man auf einen sog. Schalenstein.
Dieser Findling wurde 1930 vom Schweizer Archäologen
 Dr. Eugen Tatarinoff entdeckt und stammt ursprünglich
aus dem südlichen Rhonetal im Wallis.

hier hinterliessen Menschen um ca. 2200 v. Chr. acht Schälchen,
über deren Bedeutung man sich nicht einig ist.

ein Elsbeerbaum (Sorbus torminalis)
treibt gerade Blätter und Knospen aus

ein Blatt vom letzten Jahr
zeigt die ausgewachsene Form seines Laubes





die typisch aschgraue, schuppige Borke
der Elsbeere

wir treffen auch auf ein seltenes Gehölz: ..



es ist die Pimpernuss (Staphylea pinnata), .....




die jetzt ihre hellgrünen Blätter und Knospen austreibt.

allmählich kommen wir in den Bereich der Krete,
wo uns Oensingen zu Füssen liegt

der Kretenweg wird von Mehlbeerbäumen (Sorbus aria) gesäumt

der Blick geht Richtung Klus Balsthal


endlich kommt das Kleinod der Ravellen in Sicht:
der Felsen-Bauernsenf (Iberis saxatilis)

das "Ravellenblüemli" kommt in der Schweiz nur an einer
Handvoll von Standorten bei Oensingen vor.
Es bleibt ein Rätsel, wie die eigentlich südeuropäische Art
es bis auf unsere Ravellen geschafft hat.
sie wächst gerne auf Kalkfelsen und erträgt nur wenig Konkurrenz




das allgegenwärtige Kalk-Blaugras (Sesleria caerulea)
verdrängt das Ravellenblümchen jedoch nicht

diese kalkstete Grasart wächst auf steinigen
Trockenrasen, aber auch in Föhrenwäldern




Blick Richtung Roggenfluh

an die Kalkfelsen klammert sich über
Abgründen der Alpen-Seidelbast (Daphne alpina)


das Immergrüne Felsenblümchen (Draba aizoides)
ist schon verblüht


nicht so allerdings zwei schöne Primelgewächse:
die Frühlings-Schlüsselblume (Primula veris) ...

und das Flühblümchen (Primula auricula).



in den Felsspalten wächst
der Quell-Streifenfarn (Asplenium fontanum),
der besser Jura-Streifenfarn heissen sollte.
Der Name ist aus dem Lateinischen übersetzt,
doch .....

ist er irreführend, denn diese Farnart kommt
nie an Quellen vor. Die Brüder Johann und Caspar
Bauhin, auf die der Name zurückgeht, haben diese
Bezeichnung so gewählt, weil sie die Art aus dem
Schweizer Jura nur von einem Fundort kannten,
der "die Wasserfallen" heisst.


überall leuchtet einem jetzt auch
die Stinkende Nieswurz (Helleborus
foetidus) entgegen....

und die Traubenhyazinthe (Muscari racemosum).



oft an den Wegen zu finden:
das schöne Berg-Täschelkraut (Thlaspi montanum)




Weisse Segge (Carex alba)

über der Bank steht:
die ganze Schöpfung wartet darauf,
dass wir Menschen werden.

Aus anderer Quelle kennt der Blumenwanderer
die Fortsetzung dieses Gedichts:
"die nimmer sich üben,
Erde, Luft und Wasser mit allerlei Gift zu trüben;
die nimmer bereiten unseren Tieren ohne Not,
Verfolgung, Gefangenschaft, Marter und Tod;
und nimmer begeben, sie zu verzehren,
als wär's unser tägliches Brot;
die immer sich üben, die Mächte des Bösen
mit der Kraft der Liebe für immer zu lösen."

gerade spriesst das Berg-Laserkraut (Laserpitium siler cf.) ...

während die Buchsblättrige Kreuzblume (Polygala chamaebuxus) schon blüht.


Turm-Gänsekresse (Arabis turrita)

Wald-Bingekraut (Mercurialis perennis)






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